Wir brauchen eine Männerquote

Vater und Tochter

Seit Jahren stehen die Frauen im Fokus. Überall werden sie gefördert. Angefangen bei den jungen Mädchen, für die der Girl’s Day initiiert wurde, über die Wirtschaft, die ein breites Angebot an Frauenförderprogrammen anbietet bis hin zur Politik, die eine Quote für Frauen in Aufsichtsräten eingeführt hat. Aber wo bleiben die Männer? Wo bleiben die Männerförderprogramme oder gar die Männerquote?

Man könnte meinen, dass eine solche Förderung für Männer nicht notwenig sei, da die Arbeitswelt bereits ausreichend männlich geprägt ist. Aber genau da liegt die Herausforderung. Was wir brauchen, ist eine Männerquote! Eine Quote für Männer in Teilzeit. Noch immer ist das Arbeiten in Teilzeit, eine zum größten Teil weibliche Angelegenheit. Während laut Destatis fast jede zweite Frau (46,1 Prozent) in Teilzeit arbeitet , ist es bei den Männern nur jeder zehnte (10,7 Prozent). Dass dieser niedrige Prozentsatz von den Männern nicht gewollt ist, zeigt unter anderem eine Studie im Auftrag von ProFamilia. Ihr zufolge können sich 9 von 10 Männern vorstellen, in Teilzeit zu arbeiten. Auch die Ergebnisse anderer Studien kommen seit Jahren immer wieder zu dem gleichen Ergebnis: Jeder dritte Vater würden gerne mehr Zeit mit seiner Familien verbringen. 

Das Problem: Die meisten Männer haben (eine noch immer nicht unberechtigte) Angst vor Karriereeinbußen. Eine Teilzeitquote für den Mann könnte dieses Problem beseitigen – zumindest langfristig gesehen. Genau so wenig, wie die Unternehmen es sich heute leisten können, auf die Arbeitskraft der Frauen zu verzichten, könnten sie es sich dann leisten, auf 30 Prozent der männlichen Arbeitskraft zu verzichten. 

Die Vorteile einer Teilzeitquote für die Männer liegen auf der Hand:

Der Teillzeitmann kann während der neu gewonnen Zeit neue Impulse und Kompetenzen – auch für den Job – sammeln. In der Familie bei der Betreuung der Kinder und/oder der Pflege von Angehörigen, bei der Ausübung eines Hobbys oder im Ehrenamt. Der Teilzeitmann ohne Kinder oder Hobbys hätte jetzt auch Zeit, sich nebenher selbstständig zu machen. Ein Wunsch, den viele Menschen hegen.

Ein weiterer Vorteil: Arbeitet der Mann in Teilzeit, kann seine Partnerin sich mehr ihrer Erwerbstätigkeit widmen. Insbesondere dann, wenn sie Eltern sind. Das Ergebnis: Verdienen beide gemeinsam das Familieneinkommen, ist die Last geteilt und es arbeitet sich insgesamt entspannter. 

Und last but not least ist eine ausgewogenere Work-Life-Balance förderlich für die Gesundheit. Ein Vorteil nicht nur für die Männer, sondern für alle. Auch für die Arbeitgeber und Arbeitgeberinnen. Die Leistungen eines gesundes Arbeitnehmers ist unbezahlbar.

Eine gesetzlich verordnete Quote hätte aber nicht nur Vorteile für Männer, sondern auch die Unternehmen und die Frauen profitierten:

Während der Zeit mit ihren Kindern erwerben die Männer Kompetenzen, für die ihre Arbeitgeber sie sonst auf teure und wenig nachhaltige Weiterbildungen schicken müssten. Dazu gehören auch Kompetenzen wie Organisationsfähigkeit, Flexibilität, Eigeninitiative, Kommunikationsfähigkeit und Belastbarkeit. Allesamt Schlüsselqualifikationen für das Arbeiten 4.0. (Siehe dazu auch meinen Beitrag über Väter in Elternzeit) 

Noch immer sitzen die Vorurteile gegenüber in Teilzeit arbeitenden Angestellten tief. Viele glauben, dass Arbeitnehmer*innen in Teilzeit kein wirkliches Interesse an ihrem Job hätten, ganz zu schweigen von dem Interesse an einer Karriere. Je mehr Arbeitnehmer, in diesem Fall tatsächlich die männlichen, in Teilzeit arbeiten, desto normaler wird es und desto mehr haben die Möglichkeit sich und der (Arbeits-)Welt zu beweisen, dass Teilzeitmitarbeitende durchaus an Job und Karriere interessiert sind. 

Vorausgesetzt, die Teilzeitregelung würde konsequent umgesetzt, hätte diese Quote auch noch den netten Nebeneffekt, dass der in Deutschland noch immer vorherrschende Anwesenheitsmythos sich auflösen würde. Kann man in Teilzeit Karriere machen, beweist das, dass Leistung mit Ergebnissen und nicht mit Anwesenheit zu tun hat.

Noch ist man in den oberen Etagen vieler Unternehmen der Überzeugung, dass eine Führungsposition in Teilzeit nicht machbar sei. Je mehr Arbeitnehmer*innen aber in Teilzeit arbeiten, desto selbstverständlicher wird es. Um ihre High Potentials und Leistungsträger*innen zu fördern, werden Unternehmen sich alternative Wege zu einer Karriere in Vollzeit überlegen. Plötzlich wird dann auch eine Karriere in Teilzeit möglich sein. Einige Unternehmen haben schon das Job- und das Topsharing für sich entdeckt. Die Männerquote würde diese Modelle beflügeln.

Die Einführung und Umsetzung einer lebensphasenorientierte Personalpolitik, wie sie von vielen Vordenker*innen im Bereich Human Ressources propagiert wird, wäre nicht nur einfacher einzuführen. Sie würde auch von den Arbeitnehmenden gerne und ohne Angst vor Einbußen jeglicher Art angenommen, ja sogar gefordert.

Auch profitieren würden die Kinder, der in Teilzeit arbeitenden Väter. Untersuchungen haben gezeigt, wie wichtig Väter für ihre Kinder sind. Endlich hätten diese Väter die Zeit für ihre Kinder, die es nun einmal braucht, um diese so wichtige Vater-Kind-Beziehung aufzubauen.

Die Teilzeitquote für den Mann ist daher nicht nur eine Win-Win-Situation, sondern tatsächlich eine Win-Win-Win-Win-Situation. Es gewinnen die Männer, die Frauen, die Kinder und die Unternehmen. Besser geht’s nicht!

Damit die Quote aber funktioniert, muss sie für alle Hierarchieebenen gelten. Untersuchungen zeigen immer wieder, dass die kritische Masse für eine Veränderung bei 30 Prozent liegt. Für den Anfang wäre das daher schon mal eine gute Richtgröße. Selbstverpflichtung der Unternehmen? Ein Recht sich selbst eine Zielgröße zu setzen? Nein. Fehler, die bei der Quote für Frauen in Aufsichtsräten gemacht wurden, sollten nicht wiederholt werden. Alle Unternehmen, egal wie groß, haben die Pflicht, mindestens 30 Prozent ihrer männlichen Angestellten, Arbeiter und Führungskräfte in Teilzeit zu schicken. Selbstverständlich muss noch definiert werden, was eine Teilzeitstelle ist. Ob es reicht, die Arbeitszeit nur um bis zu 20 Prozent zu reduzieren oder ob die Quote nur dann als erfüllt gilt, wenn um mehr als 20 Prozent reduziert wird. Auch müssen Kontrollmechanismen für die Einhaltung der Quote und der Arbeitszeiten noch angedacht werden, aber das würde hier zur weit führen.